German Breast Cancer Coalition Foundation
Das bayerische Screeningmodell wurde von der Kassenärztlichen Vereinigung
Bayern (KVB) im April 2003 und der AOK Bayern mit der Ankündigung gestartet, „ ein qualitativ
hochwertiges Mammographie-Screening“ „im Rahmen der
Gesetze und Vorgaben in Deutschland“ unter Erfüllung der Europäischen Leitlinien
bis Ende 2003 flächendeckend in Bayern einzuführen.
Nach einem Jahr zieht die
KVB am 11.05.2004 eine aus ihrer Sicht positive Bilanz:
Im ersten Jahr wurden 162
Ärzte in 8 Screeningnetzen in das Programm
eingebunden und insgesamt 190.560 Einladungen an Frauen in der Zielgruppe der
50-69 Jährigen verschickt. Der Anteil der Teilnehmerinnen wird mit 15-25% (von
diesen eingeladenen Frauen) angegeben. Für den Bereich Oberbayern Nord
(München, Ingolstadt) mit einer Bevölkerung von ca. 3 Mio. Menschen und ca.
300.000 Frauen im Alter zwischen 50 bis 69 Jahren) nahmen im ersten Jahr 2305
Frauen am Screening teil (lt. KV Bayern rd. 25% der
angeschriebenen Teilnehmerinnen (damit ca. N=10.000). Von diesen 2305
Teilnehmerinnen hatten 0,8% oder ca. 20 ein Karzinom oder eine Vorstufe. Die
Frauen gaben an, ihren Mammographeur selbst ausgesucht
zu haben und ihn entweder schon vorher gekannt bzw. vom Hausarzt oder
Gynäkologen eine Empfehlung bekommen zu haben. Die 2305 teilnehmenden Frauen
haben die Untersuchungen bei 17 im Netz OBB-Nord
tätigen Praxis-Radiologen durchführen lassen.
Das Fazit des
Vorstandsvorsitzenden: das bayerische Screeningmodell
ist besser als die Screening-Modell-Regionen Bremen,
Wiesbaden und Weser-Ems und entspricht den Europäischen Leitlinien.
Kommentar:
Bei einer bayerischen
weiblichen Gesamtbevölkerung mit 6.299.952 Mio. Frauen und ca. 1,2 Mio. Frauen
im Alter zwischen 50-69 Jahren müssten jedes Jahr im Screening
etwa 600.000 Frauen in dieser Altersgruppe eine schriftliche Einladung mit
definitiver Termin- und Ortsangabe zur Screening-Mammographie
erhalten. In der Region Oberbayern Nord sind anspruchsberechtigt pro Jahr und
damit einzuladen ca. 150.000 Frauen, das
heißt die Quote der tatsächlich eingeladenen Frauen beträgt nur ca. 7.5% der
Zielbevölkerung. Die Angabe der Teilnahmequote von 25% ist dementsprechend zu
interpretieren. Eine Verteilung der Anzahl der Untersuchungen pro Arzt ist
nicht angegeben. Selbst unter der Voraussetzung, dass alle Frauen nur in einer
Praxis untersucht wurden, kann mit Sicherheit
Ebenso wenig kann davon
ausgegangen werden, dass das Bayerische Modell in irgendeinem anderen Punkt den
Europäischen Leitlinien entspricht. Von der dezentralen Organisationsstruktur,
der mangelhaften Trennung zwischen Screening und
Abklärungs-Mammographien, den Mindestmengen für Radiologen, dem
Einladungssystem (keine definitive Terminvergabe mit Festlegung des Screening-Ortes), der Qualitätskontrolle (technische
Qualitätssicherung durch den QRR, der nicht den europäischen Leitlinien
entspricht) bis hin zu den vorgestellten
Ergebnissen ist das bayerische Vorgehen eine Wiederauflage der deutschen Mammographiestudie
(klassisches graues Screening) und ein Modell dafür,
wie ein qualitätsgesichertes Screening nach
europäischen Leitlinien nicht sein darf, nämlich ein Programm zum Wohle
der teilnehmenden Ärzte und nicht der Frauen.
Ein Vergleich zu den streng
nach den Europäischen Leitlinien in Deutschland arbeitenden Screening-Modellregionen
Bremen (teilnahmeberechtigte Bevölkerung: 71.000 Frauen), Wiesbaden (55.000
Frauen) und Weser-Ems (22.000 Frauen) zeigt das Scheitern des KV
Bayern-Modells (und auch das Scheitern
von „QuaMaDi“ der KV Schleswig-Holstein):
Eingeladen wurden alle
teilnahmeberechtigten Frauen in den Screening-Modellregionen.
Teilgenommen haben bis zum 30.06.2003
52% der eingeladenen Frauen in Bremen, 51% in Wiesbaden, 67% Weser-Ems.
Wieder einbestellt zur weiteren Abklärung wurden 5.7%, 6,2% und 6,2%. Insgesamt
wurden bis Ende Juni 2003 in Bremen 214
, in Wiesbaden 179, und in Weser-Ems 96 Karzinome entdeckt. Die aktuellen
Zahlen aus Bremen bis zum 30.06.2004 weisen 350 im Screening
entdeckte Karzinome aus. Der Anteil der Karzinome bis 10 mm betrug in Bremen
36%, in Wiesbaden 39% und in Weser-Ems 26%, der Anteil der Karzinome unter 15
mm Größe war 62%, 68% und 60%, die Häufigkeit der in situ
Karzinome 18% (Bremen), 14% (Wiesbaden) 23% (Weser-Ems). In den
Screening-Modellregionen wurde ein hoher Anteil von Brustkrebserkrankungen
ohne Lymphknotenbefall (80%, 86% und 87%) entdeckt. Die Ergebnisse
entsprechen den Vorgaben der Qualitätsindikatoren für die erste Screeningrunde der europäischen Leitlinien mit Einschränkung
bei der Teilnahmerate (hier liegt Weser-Ems nur knapp unter den geforderten 70%
Teilnahmerate).
Angesichts dieser klaren Zahlen hilft der mangelnden Überzeugungskraft der bayerischen und schleswig-holsteinischen Ergebnisse sicherlich nicht, dass man die Daten der nach europäischen Leitlinien arbeitenden Screening-Projekte in Bremen, Wiesbaden und Weser-Ems totschweigt oder verfälscht oder für gefälscht erklärt!
Die beteiligten
Krankenkassen in Bayern werden hiermit aufgefordert, die Finanzierung dieses
grauen Screenings, das kein Leben retten kann, sofort
einzustellen. Ebenso sind die Landesgesundheitsministerinnen aufgerufen, Frauen
in Bayern (und Schleswig Holstein) vor weiterer schädlichen Strahlenbelastung
ohne Nutzen zu schützen.
Die Bundesgesundheitsministerin, die
Bundesministerin für Verbraucherschutz und der Bundesumweltminister sind
gefordert, eine drohende Ausweitung dieser fatalen Fehlversorgung mit aller
Kraft zu verhindern.
Wir Frauen in Deutschland haben genug von diesem zynischen Spiel mit unserem Leben!