Stiftung Koalition Brustkrebs

German Breast Cancer Coalition Foundation

 

Pressemitteilung vom 07.11.2003

 

Stellungnahme zur Pressemitteilung der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. vom 30.10.2003

 

Die Deutsche Krebsgesellschaft greift in ihrer Pressmitteilung zum Brustkrebsmonat Oktober die Europaabgeordnete und Präsidentin des deutschen Forums von EUROPA DONNA, einer europaweit vertretenen Brustkrebsorganisation, scharf an. Frau Jöns hatte zu recht mit Nachdruck das von der Deutschen Krebsgesellschaft verliehene Zertifikat „Brustzentrum“ kritisiert, da es nicht den Qualitätsanforderungen der Europäischen Leitlinien genügt. In den Europäischen Leitlinien ist die wissenschaftlich belegte optimale Vorgehensweise der Brustkrebsfrüherkennung (European Guidelines for Quality Assurance in Mammography Screening, 3d Edition, 2001) und der Brustkrebsbehandlung in spezialisierten Brustzentren von der europäischen Fachgesellschaft für Brustgesundheit, EUSOMA niedergelegt (veröffentlicht im European Journal of Cancer 2001). Sie basieren auf Jahrzehnten der wissenschaftlichen Erkenntnis und Erfahrung vieler Länder mit qualitätsgesicherten Mammographie-Screening-Programmen und den durch sie bedingten Qualitätssteigerungen in der gesamten Brustkrebsversorgung.  Damit sind die Europäischen Leitlinien der Goldstandard und in ihrer Gültigkeit überall in Europa anerkannt.

 

Inzwischen gibt es mehr als 200 hochqualifizierter Brustzentren nach EUSOMA-Standard in Europa, in Deutschland bislang nur eine Klinik, die nichts anderes als  Brusterkrankungen behandelt. Der Leiter dieser Düsseldorfer  Klinik, Prof. Dr. Werner Audretsch, ist als einziger deutscher Senologe berechtigt, spezialisierte Brustkrebschirurgen im Rahmen der Weiterbildungsprogramme  der EUSOMA  auszubilden. Bezeichnend ist, dass diese Klinik nicht von der deutschen Krebsgesellschaft nach ihren selbstgewählten Kriterien zertifiziert wurde.

 

 Wir in der Brustkrebsbewegung engagierten betroffenen und nicht betroffenen Frauen der Stiftung Koalition Brustkrebs treten gemeinsam mit den Frauenorganisationen  Europa Donna und dem Verein zur Förderung für Senologie/Brustklinik e.V. nachdrücklich dafür ein, dass die in den Europäischen Leitlinien geforderte Qualität bei der Brustkrebsversorgung auch in Deutschland endlich flächendeckend Standard wird. Dazu gehört sowohl der Aufbau von spezialisierten Brustzentren als auch die Einführung eines flächendeckenden qualitätsgesicherten Mammographie-Screening-Programms nach Europäischen Leitlinien. Durch diese Maßnahmen lässt sich, wie die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern eindrucksvoll zeigen, die Brustkrebssterblichkeit drastisch senken.

Wir können die Argumentation des Präsidenten der Deutschen Krebsgesellschaft, Prof. Klaus Höffken, ein Zertifikat der Deutschen Krebsgesellschaft sei besser als kein Zertifikat, nicht akzeptieren, zumal im Jahr 2004 die Zertifizierung durch die europäischen Fachgesellschaften EUREF und EUSOMA auch in Deutschland möglich sein wird.

 

Das Zertifikat der Krebsgesellschaft basiert im wesentlichen auf der DIN-ISO-Norm, kombiniert mit von der Deutschen Gesellschaft für Senologie willkürlich aufgestellten Qualitätskriterien, zusammengefasst in der sogenannten „S3“ Leitlinie. Aus Erfahrungen der führenden Brustzentren in Europa wissen wir seit Beginn der 90er Jahre, dass eine Zertifizierung nach DIN-ISO Norm für Brustzentren bestenfalls von untergeordneter Bedeutung ist. Sie sagt nichts aus über die Ausbildung, Spezialisierung, Mindestmengen und Zusammenarbeit der im Zentrum tätigen Experten und ihrer Behandlungsergebnisse aus (Vortrag Prof. Robin Wilson, Leiter des Nottingham International Breast Education Centre, GB, anlässlich des  Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Senologie im Juni 2003) .

 

Die Qualität der „S3“ Leitlinie ist ebenfalls umstritten und in ihren Inhalten zum Teil wissenschaftlich widerlegt. So wird in ihr die Selbstuntersuchung der Brust  als sinnvolle Früherkennungsmaßnahme allen Frauen ab Alter 30 Jahre empfohlen, obwohl inzwischen klar ist, dass systematische Selbstuntersuchungen der Brust die Brustkrebssterblichkeit nicht senken kann, dafür aber das Risiko unnötiger Operationen deutlich erhöht (nach 5 Jahren um 30%).  Eine Doppelbefundung aller im Screening erstellten Aufnahmen wird ebenso wenig für notwendig gehalten wie die interdisziplinäre Beratung aller Behandlungsschritte (hier reichen nach Ansicht der Krebsgesellschaft für die Zertifizierung eine Mindestanzahl von 20% der Fälle). Warum die Deutsche Krebsgesellschaft und die Gesellschaft für Senologie einen niedrigeren Qualitätsanspruch verfolgen, ist uns völlig unverständlich. Wir Frauenorganisationen fordern europaweit gleiche Überlebenschancen bei Brustkrebs und daher die Umsetzung der Europäischen Leitlinien auch in Deutschland. Die aktuelle Zertifizierungskampagne der Deutschen Krebsgesellschaft führt uns Frauenorganisationen wieder einmal drastisch vor Augen, dass internationale Erkenntnisse und Standards von den Fachgesellschaften in Deutschland nach wie vor nicht wahrgenommen werden. Diese Gleichgültigkeit oder mangelnde Weiterbildung  kostet jeden Tag Frauenleben. Wir sind mit Frau Jöns einer Meinung, dass „halbherzige Qualitätsoffensiven“ nur standespolitischen Interessen dienen, nicht aber den Interessen der Frauen. Wer wissen will, wie Europäische Brustzentren arbeiten, ist eingeladen, die Frauen der Stiftung Koalition Brustkrebs auf ihrer Rundreise durch die renommiertesten europäischen Zentren im Herbst/Winter 2003/2004 zu begleiten. 

 

www.stiftung-koalitionbrustkrebs.de

 

 

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